Hochwasserschutz im Zentrum Seit der letzten Leugene Korrektion von 1932 hat die Bautätigkeit und die landwirtschaftliche Praxis stark zugenommen und vollständig geändert. Heute herrschen im Einzugsgebiet der Leugene ganz andere hydrologische, hydraulische und gewässerökologische Voraussetzungen. Das heisst, es ist infolge wachsender Bautätigkeit (Bauten, Strassen, Plätze, Drainagen, Oberflächenabfluss usw.) mit einem viel grösseren und chemisch stärker belasteten Meteorwasseranteil zu rechnen. Vor der Realisierung des Wasserbauplanes kam es im Bereich der Leugene regelmässig zu kleineren und grösseren Überflutungen. Weitere Vorhaben wie die Anschlüsse der Entwässerungssysteme des Bözingenmoos, der N5, der Gesamtmelioration Lengnau-Pieterlen- Meinisberg, sowie der Generellen Entwässerungsplanungen der Gemeinden Pieterlen und Lengau machten eine Tieferlegung und Vollausbau der Leugene unumgänglich. Ursache der Überschwemmungen war zuviel Wasser für die vorhandene Gerinnekapazität. Der Wasseranfall könnte mit grossen Retentionsmassnahmen (z.B. Staubecken) verringert werden. Die Abflusskapazität wird erhöht durch die Vergrösserung des Gefälles und oder des Fliessquerschnittes. An der Leugene wurden beide Massnahmen realisiert. Das Gefälle konnte natürlich nicht beliebig geändert werden, ist doch die Höhe des Einlaufes in die Aare gegeben. Der Abflussquerschnitt allerdings wurde im obersten Abschnitt massiv von vorher 15 bis 20 m2 auf neu 40 bis 50 m2 erhöht. Durch diese Massnahmen konnte die Abflusskapazität mehr als verdoppelt werden. Damit erhöht sich das theoretische Wiederkehrintervall von Überflutungen von rund 3 Jahren auf etwa 30 Jahre. Eine 100 prozentige Sicherheit gegen Überflutungen gibt es nicht. Eine weitere Vergrösserung des Gerinnes wäre mit sehr grossen Kosten verbunden. Ausserdem würde die Leugene bei Normalwasser in ihrem grossen Bett fast verschwinden.
Die Leugene sammelt das anfallende Wasser in ihrem Einzugsgebiet und leitet es in die Aare ab. Sie kann im obersten Bereich rund 8 m3/s und bei der Mündung in die Aare etwa 12 m3/s ohne Überflutung transportieren. Bei Trockenwetter stammt das Wasser in der Leugene hauptsächlich vom Grundwasser, das seinerseits durch die zahlreichen Karstquellen des Juras gespiesen wird. Normalerweise kommt aber auch Wasser aus dem Siedlungsgebiet, das in der Kläranlage gereinigt wird und anschliessend in das Gewässer geleitet wird. Bei starken Niederschlägen fährt die Leugene sehr viel mehr Wasser. Sie wurde für folgende Hochwassermengen ausgebaut: Biel: 8 m3/s Pieterlen: 10 m3/s Lengnau: 11 m3/s Mündung: 12 m3/s Mit diesen Abflusskapazitäten ist sichergestellt, dass es nur noch bei ausserordentlichen und seltenen Ereignissen zu Überflutungen kommt. Wie selten solche Ereignisse sind, darüber streiten sich die Experten. Die Bestimmung des maximal anfallenden Wassers ist sehr komplex und deshalb ist man auf Messungen und wenn solche nicht vorhanden sind, auf Erfahrungswerte und Abschätzungen angewiesen. Hier ein Beispiel: Die Kanalisationen werden für einen kurzen 20 minütigen Starkregen wie er nur bei starken Gewittern vorkommt, gebaut. Auf ein solches Ereignis reagiert das Grundwasser und die Leugene kaum, weil ein grosser Teil des Regens durch die Vegetation und die Poren des Bodens aufgenommen wird. Das Grundwasser reagiert auf die Schneeschmelze und Dauerregen über mehrere Tage. Dauerregen haben ein viel geringere Intensität, weil sie aber sehr viel länger dauern, ist ihr Volumen sehr viel grösser. Damit ist klar, dass nicht beide Wassermengen addiert werden müssen, weil nicht gleichzeitig ein Platzregen und ein Dauerregen eintreten kann. Das schlimmste Szenario ist, wenn auf eine Kälteperiode mit viel Schnee ein Wärmeeinbruch folgt, der viel Regen bringt. In diesem Fall kann der Regen nicht in den gefrorenen Boden versickern und er fliesst auf der Oberfläche ab. Hinzu kommt noch das Schmelzwasser. Es fliesst also mehr Wasser in die Leugene als vom Himmel fällt.
Entlang der ganzen Bachstrecke wurde das bestehende Gerinne und die einzubeziehende Umgebung lage- und höhenmässig aufgenommen. Daraus wurden Projektgrundlagen im Ist-Zustand (Situation, Längenprofil, Querprofile usw.) angefertigt, um anschliessend das entsprechende Wasserbauprojekt aus-zuarbeiten. Parallel dazu wurden weitere Unterlagen wie Werkleitungspläne, Zonenpläne, Grundwasserschutzzonen, archäologische Schutzgebiete, Entwässerungskonzepte, Wegbaupläne im Güterzusammenlegungsgebiet angefordert. Die entsprechenden Angaben wurden in die Pläne übertragen und bei den Projektierungsarbeiten berücksichtigt. Wegen den teilweise ungünstigen Bodenverhältnissen wurden umfangreiche Abklärungen zur Ermittlung des Baugrundes, der Grundwasserverhältnisse und anliegender Objekte in Auftrag gegeben. Mit den zuständigen Ämtern, Behörden und betroffenen Eigentümern wurde Kontakt aufgenommen, um verschiedene Abklärungen vorzeitig in die Wege zu leiten. So konnten erforderliche Landerwerbe, Massnahmen Sicherung Sammelkanal, Anpassung Baulinien, Integration Gehweg- und Strassennetz, Brückenkonzept, Sicherungskonzept, Landbewertung, Naherholungsgebiet Moosgärten usw. bereits grösstenteils geklärt werden. Aus all diesen Auflagen, Informationen und Komponenten sowie abgeschlossener hydraulischer Berechnung wurde ein Wasserbauplan ausgearbeitet, der als Grundlage für die etappenweise Realisierung der hochwasserschützerischen Massnahmen unter Einbezug von naturnahen Wasserbaumethoden dient.
Bildauschnitt des Wasserbauplans
Stabilisierung des Ufers Auf der Aussenseite einer Kurve werden durch den starken Druck, den das Gewässer auf die Böschung auswirkt, die Ufer erodiert. Mit der Zeit kommt es in diesen Bereichen zu Hangrutschen, die ihrerseits dem Gewässer eine neue Fliessrichtung geben. Dies fährt flussabwärts zu weiteren Erosionen und Hangrutschen. Aus diesem Grund werden die Prallufer verstärkt. Dies kann durch den Einbau von grösseren Steinblöcken erfolgen. Die naturnahe Methode besteht darin, dass Flechtzäune eingebaut werden. In Kombination mit dem Wurzelwerk geeigneter Bäume und Sträucher entsteht so eine stabile Böschung.
Flechtzaun aus Weidenästen Schwarzelen
Die typischen Normalprofile geben generell den angestrebten Ausbaustandart an. Sie zeigen nach erfolgter Festlegung des Stromstriches und hydraulischer Berechnung klar die Randbedingungen für die allgemeine Querschnittgestaltung auf. Durch die Tieferlegung der Leugene sowie der neu zur Verfügung stehenden Bachbreite wird das ehemalige Gerinne (Betonhalbschalen) herausgerissen. Durch die Vertiefung und den damit zusammenhängenden Baugrundverhältnissen ist der richtige Bachbettaufbau sehr wichtig. Bei schlechtem Baugrund ist vorgängig der Einbau von Flussmatratzen oder Lattenroste zur Stabilisierung des Bachbettes bis auf die Höhe der Grundwasserlinie unerlässlich. Eine vorgängig eingebaute Trennschicht mit Lehm oder einer undurchlässigen Trennmatte soll austretendes Grundwasser im Böschungsbereich (Hangrutsche) verhindern. Der Bereich der Niederwasserrinne sowie die Flachuferbereiche werden mit Schotter- und Kiesmaterial ausgebildet. Seitliche Steine stabilisieren die Niederwasserrinne. Auf der Aussenseite (Prallhang) des neuen Wasserlaufes werden je nach Anforderungen und Platzverhältnisse verschiedene Bauweisen wie Flechtzaun, Grönschwelle oder Blocksteinmauer angewendet. Die neuen beidseitigen Uferbereiche weisen je nach Bestockung verschiedene Neigungen auf. In der Regel wird die Uferseite bestockt, wo sich die Kurvenaussenseite (Prallhang) des neuen Wasserlaufes befindet. Die Uferbestockung wird mit standortgerechten Laubhölzern und verschiedenartigen Wildbüschen versehen, in abgestufter Reihenfolge grosse Bäume wie Schwarzerle und Weiden (Tragfähigkeit) direkt an den Wasserlauf und die kleineren Gehölze gegen die Böschungsoberkante.
Der Ausbau der Leugene erfolgte zwischen 1993 bis 2007 in Etappen gegen die Fliessrichtung. Dieser Bauablauf war notwendig, weil mit der Tieferlegung des Gerinnes in Fliessrichtung nicht Abstürze und Staudämme entstehen, die das Wasser zurückhalten. Die neu ausgebauten Abschnitte konnten so nicht mehr Wasser in die alten engen Querschnitte ableiten, was zu Überschwemmungen geführt hätte.
Geamtinvestitionen zur Renaturierung der Leugene zwischen 1993 bis 2007 betrugen rund 14 Mio. Franken. Bund und Kanton beteiligten sich mit rundje einem Drittel. Die Restkosten wurden durch die Verbandsgemeinden getragen.
Bund 1/3 Kanton 1/3 Restkosten Verbandsgemeinden 1/3 Pieterlen 39.42 % Lengnau 33.13 % Biel 25.25 % Meinisberg 1.25 % Grenchen 0.64 % Büren a.d. Aare 0.31 % Der Kostenverteiler wurde in der Planungsphase aufgrund der Einzugsflächen berechnet.
Die Wasserbauarbeiten an der Leugene sind abgeschlossen, die grossen Investitionen sind abgerechnet. Die Leugene präsentiert sich heute mit ihren Flurwegen als reichhaltiges, interessantes und viel benutztes Naherholungsgebiet. Der Bachlauf und die Böschungen gehören dem Gemeindeverband Leugene. Für die Flurwege und die Spezialbauwerke wie Brücken und Durchlüsse sind die entsprechenden Gemeinden oder der Kanton zuständig. Es geht nun darum, das stolze Werk so zu unterhalten, dass seine primären Funktionen wie Bewältigung der Abflussmengen und Hochwasserschutz auf Jahre hinaus sichergestellt sind. Der Unterhalt bezieht sich einerseits auf das Bachbett, welches regelmässig von starkem Pflanzenwachstum befreit werden muss. Anderseits müssen Ufervegetation und Böschungen so gepflegt werden, dass sich auch die ökologischen Lebensröume und die Artenvielfalt entwickeln können. Die regelmässig durchgeführten ökologischen Erfolgskontrollen dienen zur Steuerung der Unterhaltsmassnahmen, welche im Unterhaltskonzept Leugene festgehalten sind.
Aktuelle Pegelstände Die aktuellsten Pegelstände können unter dem folgenden Link abgerufen werden: www.hydrometrie.ch/KundenDaten/Leugene  Extreme Pegelstände 09.08.2007 Bewährungsprobe an der Leugene Jahrhundert-Hochwasser infolge von Starkniederschlägen vom 8. und 9. August 2007: Wetterentwicklung vom Montag, 6. bis Donnerstag, 9. August 2007 Am Dienstag erreichte eine Kaltfront, begleitet von kräftigen Regengüssen, die Schweiz. Im Vorfeld der Front gingen in Teilen der Schweiz schon am Montagabend und in der Nacht auf Dienstag gewittrige Schauer nieder, die zu lokalen Überschwemmungen und Erdrutschen führten und vielerorts die ohnehin schon feuchten Böden weiter ansättigten.
Im Einzugsgebiet der Leugene fielen während 2 Tagen rund 125 mm Regen. (Messstelle TBA Biel-Bözingen). Die Leugene vermochte die ausserordentlichen Wassermassen mehrheitlich zu bewältigen wie die Bilder vom 9. 8. 2007, ca.0700 Uhr zeigen. Das über die Ufer tretende Wasser bewirkte keine Überschwemmungen im überbauten Gebiet. Die überschwemmten landwirtschaftlichen Kulturen waren innerhalb von 24 Stunden wasserfrei. Es entstanden keine Schäden an Kulturen.