Biber
Die renaturierte Leugene scheint dem Biber zu gefallen. Der Erstnachweis erfolgte 1998 durch den
Fund eines toten Bibers östlich der Öglere. Seither besiedelte er die Leugene von der Aare her relativ
rasch. 2005 hat er in der Öglere und 2010 bereits unterhalb Pieterlen eine Bleibe gebaut. Aufgrund
seiner Spuren bei der Felderhebung 2013, kann angenommen werden, dass der Biber die gesamte
Länge der Leugene besiedelt. Um die notwendige Wassertiefe (80 cm) für den Biberbau zu erreichen,
staut der Biber die Leugene mit Dämmen auf. Der Biber trägt mit seiner Besiedlung und
«belebenden» Bautätigkeit zum Erhalt der Strukturvielfalt im und am Wasser bei.Die zunehmenden
«Schäden» des Bibers an Infrastruktur (Böschungen, Drainage) und in der Landwirtschaft werden im
Rahmen des nationalen Biberkonzeptes von der Wildhut behandelt. Entlang der Leugene muss wieder
gelernt werden, mit dem Biber zu leben.
Vögel
In den Erhebungsjahren wurden je zwei Begehungen (Dauer jeweils ca. 3 Stunden) im Mai durchgeführt. Dabei wurden alle beobachteten und gehörten Vögel im
Bereich der Leugene notiert. Bei den Durchzüglern und Wintergästen handelt es sich um Gelegenheitsbeobachtungen. Die Zahl der Vogelarten hat sich seit 2003 von 43
zu 50 leicht erhöht. Interessant ist die Besiedlung von Kuckuck und Pirol sowie das Neuauftreten des Neuntöters und die Wiederansiedlung der Dorngrasmücke. Dies
zeigt, dass sich die Lebensräume der Leugene sich langsam etablieren. Die Entwicklung der Vogelwelt im Bereich der Leugene steht aber auch im Zusammenhang mit
der Ökologischen Qualität des Umfeldes. Die Goldammer erreicht eine Dichte wie sie nur in naturnah gut vernetzten Kulturlandschaften vorhanden ist. Dies ist in erster
Linie auf den Erfolg der Ökomassnahmen der Gesamtmelioration Lengnau – Pieterlen – Meinisberg zurückzuführen. Die Wachtel konnte nicht mehr festgestellt werden.
Libellen
Libellen leben als Jungtier (Larve) je nach Art in fliessendem oder stehendem
Wasser, in einem kahlen Tümpel oder in einem stark bewachsenen Gewässer. Ein
besonderes Naturschauspiel zeigt sich im Verlauf des Frühlings bis in den
Sommer, wenn die Libellenlarven z.B. einem Pflanzenstengel entlang kletternd
aus dem Wasser kommen. Innerhalb weniger Stunden schlüpft aus der
Larvenhaut eine Libelle, die ihre Flügel entfaltet sowie nach und nach bunte
Farben erhält. Nach dem Härten der Flügel und des Körpers zeigt sie uns ihre
beeindruckenden Flugkünste. Ausgewachsene Libellen wie auch ihre Larven
ernähren sich von anderen Kleintieren.
Im Rahmen der Erfolgskontrolle konnten 23 Libellenarten an der Leugene
festgestellt werden. Einige wie z.B. die Prachtlibellen entwickeln sich in der
Leugene andere in den neuen, kahlen Stillgesessen (z.B. Südlicher Blaupfeil)
oder in reiferen Weihern der Umgebung (z.B. Grosse Königslibelle).
So erstaunt es nicht, dass je nach Standort die Artenzahlen zwischen 2003 und
2010 unterschiedliche Zu- oder Abnahme-Tendenzen aufweisen.
Durch Auflichtung des Ufergehölzes fanden 2007 am Standort 1 weitere Arten
neuen Lebensraum. Eine weitere Zunahme folgte 2007 und 2010 auch am
Standort 4, wo vielfältige Nischen neu entstanden. An den anderen Standorte
blieben die Zahlen konstant oder nahmen leicht ab, da die Abschnitte erst vor
kurzem neu gestaltet wurden (Standort 5) oder bereits stärker mit Schilf und
Gehölzen zuwuchsen (Standort 2).
Erfreulich ist das neue Auftreten des Spitzenflecks im 2007 und die Ausbreitung
der Prachtlibellen im 2007 und 2010. Im 2010 trat zudem erstmals die
Quelljungfer auf. Dies sind Libellenarten, die für den naturnahen
Fliessgewässerlebensraum typisch sind. Die Prachtlibellen breiteten sich
besonders an den vor ein paar Jahren umgestalteten, reich strukturierten,
teilweise besonnten Abschnitten aus.
Heuschrecken
Heuschrecken faszinieren durch ihre vielfältigen Gesänge. Das Zirpen der
Feldgrillen durch das Aneinanderreiben der Flügel gehört ebenso zur
Frühlingsstimmung einer bunten Blumenwiese wie auch die Stridulation anderer
Heuschreckenarten im Sommer, die die Töne auf gleiche Weise, durch das
Streichen der Beine am Flügel oder sogar durch «Zähneknirschen» erzeugen. Die
111 Heuschreckenarten der Schweiz haben teils sehr unterschiedliche Ansprüche
an den Lebensraum. Während z.B. Ödlandschrecken offene Kies-Böden an
sonnigen Standorten benötigen, lieben Grosse Goldschrecken feuchte
Hochstaudensäume entlang Gewässern und Eichenschrecken gar Bäume mit
rissiger Rinde für die Eiablage.
An der Leugene konnte bisher 16 Arten festgestellt werden. Typische
Gewässersaumarten wie Grosse Goldschrecke und Schwertschrecke konnten
noch nicht nachgewiesen werden. Sie legen ihre Eier in Hochstauden ab. Damit
die nächste Generation im Frühling schlüpfen kann, sind sie darauf angewiesen,
dass Säume vom Sommer bis in den nächsten Frühling stehen gelassen werden.
Erfreulich ist das Vorkommen der selten gewordenen teils räuberisch lebenden
Maulwurfsgrille und der rein pflanzenfressenden Lauchschrecke. Dank trockener
Böschungen kommen an der Leugene auch weitere Arten wie die Feldgrille, der
Nachtigallgrashüpfer und der Braune Grashüpfer vor. Seit 2010 werden die mit
Büschen durchsetzten trockeneren Altgrasbereiche einiger Abschnitte von der
gefährdeten Gemeinen Sichelschrecke bevölkert.
Beim Vergleich der Jahre 2003 und 2007 fällt auf, dass im Laufe der
Renaturierung die Artenzahl bei den Heuschrecken abnahm. Es gab nur
vereinzelt neu festgestellte Arten, z.B. das recht mobile Grüne Heupferd am
Standort 2, das sich auszubreiten scheint. Bei der Renaturierung wird der
Lebensraum für Heuschrecken vorerst zerstört. Es dauert seine Zeit bis diese
Insekten den Lebensraum aus der Umgebung oder von noch unberührten
Abschnitten wieder besiedeln können. Nicht alle Arten sind so mobil, wie das
Grüne Heupferd, das gut fliegen kann. Dass im 2010 die Artenzahl noch nicht
höher ausfiel hat auch damit zu tun, dass auf Pionierlebensräume angewiesenen
Arten wieder verschwinden. Reifere, reich strukturierte Lebensräume
besiedelnde Arten wandern zudem erst langsam ein. Erfreulich ist, dass ein
gefährdeter Bewohner von Trockenrasen/-säumen des Juras bereits einzelne
Abschnitte besiedelt hat, die Gemeine Sichelschrecke.
Aquatische Wirbellose
Jeweils im Frühling (März/April) der Jahre 2003, 2007, 2010 und 2013 wurden an den
fünf EK-Standorten quantitative Probenahmen der aquatischen Wirbellosen durchgeführt.
Mit der Revitalisierung erhielt die Leugene eine deutlich grössere Vielfalt an
Lebensräumen. Dies wirkte sich insgesamt positiv auf die Artenvielfalt der Wirbellosen
aus. Nach dem baulichen Eingriff dauerte es ein paar Jahre bis der neue Lebensraum
wieder von einer grossen Viefalt an Wirbellosen besiedelt wurde. Seit 2007 blieb die
Wirbellosenvielfalt im Untersuchungsgebiet etwa konstant. Dieser Verlauf einer erst
zögerlichen, dann schnellen Besiedlung und anschliessendem Einpendeln hin zu einer
stabilen Lebensgemeinschaft entspricht dem, für eine Wiederbesiedlung zu erwartenden
Muster. Die Wirbellosengemeinschaft in den Standorten 1, 2 und 5 schien in den letzten
drei Jahren relativ stabil, an den Standorten 3 und 4 waren aber deutliche Abnahmen der
Diversität beobachtet worden. Wobei diese wahrscheinlich grossteils auf die bereits
wieder vorhandene Verschlammung zurückzuführen ist. Diese wird angesichts der auch
bei Hochwasser geringen Fliessgeschwindigkeiten und der damit fehlenden Dynamik im
Gewässer in Zukunft weiter zunehmen. Aus diesem Grund scheint eine weitere Zunahme
der Artenvielfalt eher unwahrscheinlich aber nicht unmöglich. Mit periodischen
Pflegeeingriffen (z.B. Krauträumungen) werden kleinräumig neue Nischen frei und stehen
für eine Neubesiedlung zur Verfügung.
Fische
Jeweils im Herbst wurde mittels elektrischer Befischung Artenspektrum und Dichte der
vorhandenen Fische erfasst.
Eine Steigerung von vier (ursprünglicher Zustand) auf zwölf Fischarten (nach
Revitalisierung im Verlaufe der letzten zehn Jahre) ist ein sehr gutes Ergebnis dieses
Hochwasserschutz- und Revitalisierungsprojektes. Einzig der in der Referenzstrecke
(Unterlauf der Leugene) festgestellte Bitterling konnte in den revitalisierten Strecken
(noch) nicht nachgewiesen werden. Da auch die für die Fortpflanzung des Bitterlings
zwingend notwendigen Grossmuscheln nie in den oberen Strecken festgestellt wurden,
ist dieser Befund allerdings nicht weiter erstaunlich. Für ca. ein halbes Dutzend weitere
Fischarten würde die Aare ein zusätzliches Potenzial für eine Einwanderung bieten.
Dieses wurde bisher noch nicht vollständig ausgenutzt. Es kann aber mit diesen
Resultaten gezeigt werden, dass sich die morphologische Aufwertung der Leugene
positiv auf die Artenzahl und Individuendichte der Fische auswirkte.
Die Revitalisierung der Leugene führte gesamthaft zu einem vielfältigeren Lebensraum,
auch für die Fische. Individuen- und Artenzahlen haben im Vergleich zum
Ausgangszustand stark zugenommen. In den ruhigeren Bereichen konnten sich
Stillwasserarten wie Schleie oder Hecht etablieren. Es ist zu erwarten, dass in Zukunft
mehrere zusätzliche Fischarten in grösseren Individuendichten die neuen Strukturen
besiedeln werden, sofern Wasserqualität und temperatur dies erlauben.
Reptilien und Amphibien
Es handelt sich um Gelegenheitsbeobachtungen. Alle vor der Renaturierung festgestellten Arten sind
wiederum vorhanden (ausgenommen Gelbbauchunke). Die Zauneidechse scheint sich an verschiedenen
Standorten wieder angesiedelt zu haben, Wasserfrosch, Grasfrosch, Erdkröte, Blindschleiche und
Ringelnatter können an verschiedenen Standorten beobachtet werden. Das Nahrungsangebot für die
Ringelnatter dürfte dank der Amphibien mittlerweile ausreichen. Es fehlen aber grössere Streue häufen. Für
die Eiablage benötigt die Art immer wieder ergänzte Grasschnitthaufen an sonniger Lage nahe am Gewässer.
Ringelnatter, Streuehaufen als Eiablageort, Zauneidechse (v.l.n.r.).
Tagfalter
Die Tagfalter fressen als Raupe je nach Art an einer bestimmten Pflanzenart oder an mehreren (z.B. der Zwergbläuling am Wundklee der Kiesböschungen). Das
Nahrungsangebot und Deckung für die Raupe, teils auch das Blütenangebot für den Falter und geeignete Verpuppungsplätze (z.B. ungemähte Rückzugsnischen)
bestimmen in den meisten Fällen, ob ein Schmetterling in einem Gebiet vorkommt.
An der Leugene konnten bisher 39 Arten festgestellt werden. Entlang der Leugene besiedeln Tagfalter vor allem die Feuchtwiesen, Säume und Trockenböschungen.
Die Leugene wird gerne auch als Wanderkorridor genutzt, was sich unter anderem darin zeigt, dass auch Arten von nahen Juralebensräumen einfliegen.
Der von 2003 auf 2007 festgestellte Rückgang der Arten an den neu gestalteten Standorten hängt einerseits mit den Bauarbeiten zusammen. Die neu entstehenden
Lebensräume müssen erst wieder besiedelt werden, das Pflanzenarten- und Blütenangebot ist noch gering. Andererseits war das 2003 ein optimaler Tagfaltersommer,
der vielen Arten eine grössere Ausbreitung ermöglichte und daher vielerorts neue Arten beobachtet werden konnten. Der Sommer 2010 war von der Witterung in
etwa jenem vom 2007 ähnlich. Es zeigt sich beim Vergleich dieser Jahre, dass im Jahr 2010 in etwa gleich viel oder deutlich mehr Arten festgestellt werden konnten.
Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Lebensräume an einzelnen Standorten mittlerweile mehr Arten geeigneten Lebensraum bieten. So z.B. das
Pflanzen- und Blütenangebot besser wurde und auch geeignete Rückzugsnischen vorhanden sind (z.B. Schutz der Raupen und Puppen vor Mahd). Ein Indiz dafür ist
auch, dass einige Arten im 2010 deutlich höhere Individuendichten erreichen als in den Vorjahren (z.B. der Braune Waldvogel am Standort 4 und 5 oder das
Gewöhnliche Widderchen am Standort 3 und 4).
Erst sporadisch aufgetreten ist der Schachbrettfalter, der auch später gemähte feuchte Säume besiedeln würde. Der für bachbegleitende Spierstaudensäume typische
Violette Silberfalter wurde noch nicht beobachtet. Die Trockenböschungen bevorzugenden Arten wie das seltene Veränderliche Widderchen, der Mauerfuchs und der
Zwergbläuling konnten bestätigt werden und erstmals auch der sich in der Schweiz ausbreitende Kurzschwänzige Bläuling.
Libellen
Heuschrecken
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Gewöhnliche Strauchschrecke
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Zweigestreifte Quelljungfer
Büro für naturnahe Planung; Manfred Steffen